Öffentliche Toiletten in Berlin
Aktueller Antrag an die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
"Pissen ist politisch" - Antrag auf gerechtere, zweckmäßige und ausreichende öffentliche Toiletten
Wir sind das Buschfunk Bündnis e.V. und wir setzen uns für würdevoll benutzbare Toiletten im öffentlichen Raum ein. Wir haben drei Anliegen, die an die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz gerichtet sind.
Die vermehrte Verwendung von Komposttoiletten wie die EcoToiletten in Berlin ist ein positiver und lobenswerter Fortschritt für die Natur, den Menschen und das Stadtbild.
- Jedoch braucht Berlin mehr öffentliche Toiletten!
Nach dem Berliner Toilettenkonzeptplan von 2018 soll Berlin insgesamt 366 Toiletten erhalten. Für eine Metropole mit knapp 3,7 Mil. EinwohnerInnen und jährlich (2018) mit ca. 13,5 Mil. TouristInnen sind 366 Toiletten nicht ausreichend. Bereits jetzt im April werden die Warteschlangen vor den einzelnen Toiletten, z.B. vor dem Volkspark Friedrichshain, stetig länger. Oft haben Parks, Spiel- sowie Bolzplätze in Berlin keine Toiletten im unmittelbaren Umfeld. Ein Beispiel ist der Zeppelinplatz im Wedding. Dort befindet sich ein Spielplatz und eine Sportanlage, ohne eine öffentliche Toilette. Die nächste Toilette ist am Leopoldplatz aufzufinden und diese ist bereits auf Grund des direkten Einblicks in die Männerpissoirs negativ in den Medien aufgefallen, wie Sie sicher schon bemerkt haben.
Oft sind vorhanden City Toiletten- jetzt Berliner Toiletten- defekt. Als Beispiel kann ich Ihnen den Helmholtzplatz nennen. Hier wurde die letzte CityToilette angezündet, wodurch sie von September bis Ende Oktober nicht mehr nutzbar war. Der Helmholtzplatz ist mit seinem Spielpatz und mit den Menschen, die teils dort wohnen oder sich tagsüber mit Bekannten treffen, ein hochfrequentierter Platz. Zwei Monate gab es jedoch keinerlei Möglichkeit dort auf die Toilette zu gehen. Nicht für die Erwachsenen und auch nicht für die Kinder. Jetzt wurde eine neue Berliner Toilette dort installiert. Es ist zu bezweifeln, dass eine Namensänderung von City-Toilette auf Berliner-Toilette die Qualität der Toiletten und deren Instandsetzung, ob garantieren.
Der Prenzlauer Berg und der Wedding sind nur zwei von zahlreichen Beispielen. Warum ist es nicht möglich eine Toilette in unmittelbarer Nähe eines Spielplatzes zu erbauen? Das wäre kinderfreundlich und den Müttern und Vätern würde die Suche nach der Toilette abgenommen.
Die Toiletten-App „Berliner Toilette“ ist durchaus eine angepasste Innovation in der Zeit der Digitalisierung. Hierbei wird der Besitz eines funktionierenden Smartphones vorausgesetzt, was oft nicht der Fall ist. Vor allem Senioren und Kinder sind in diesem Fall benachteiligt, aber auch zahlreich andere BürgerInnen jeden Geschlechts und Alters.
Eine Lösung hierfür kann eine festgelegte Standartroute von Toiletten sein, wodurch es jeden/jeder BürgerIn möglich ist eine Toilette aufzufinden.
Die Debatte nach mehr öffentlichen Toiletten ist insbesondere in der Zeit der Pandemie brisant, da es keine Kaffees oder Bars gibt, die neben den öffentlichen Toiletten eine Möglichkeit bieten, das elementare Grundbedürfnis zu befriedigen. Durch die Schließung aller Lokale ist die Möglichkeit eine Toilette aufzufinden noch geringer geworden. Es ist zu erkennen, dass die Befriedigung des Grundbedürfnisses auf die Schultern der Gastronomie abgewälzt wurde. Diese "Schultern" sind nun jedoch weggefallen und wir sehen, welch ausschlaggebende Rolle private Lokale im allgemeinen Leben eingenommen haben, nämlich die einzige Alternative zu öffentlichen Toiletten. Durchaus lobenswert ist daher die aus dem Toilettenkonzept von 2018 geplante Kooperation mit verschiedenen Lokalen. Hierbei gilt es darauf zu achten, dass der von der Stadt versprochene "finanzielle Anreiz" so ausgelegt wird, dass es keinen Nachteil für einzelne Lokale gibt, da nahezu jedes Lokal externen BesucherInnen die Toilette bereitstellt.
- Es ist nicht hinnehmbar, dass die Berliner Toiletten nicht frei nutzbar, sondern mit einer Benutzungsgebühr versehen sind.
Vor allem Frauen und unsere älteren MitbürgerInnen sind von dieser Benutzungsgebühr betroffen, da es kaum Alternativen für die Befriedigung des Grundbedürfnisses außerhalb der eigenen Wohnung gibt. Während in der Stadt vermehrt kostenlose Pissoirs für Männer aufzufinden sind, ist die Mehrzahl der Sitztoiletten mit einer Benutzungsgebühr versehen. Insbesondere für Frauen ist der Toilettengang in der Öffentlichkeit demnach mit einem Kostenaufwand verbunden. Dabei sagt das Grundgesetz schon: Art. 3 Abs. 2 "Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin." Die heutige Toilettensituationen im öffentlichen Raum wiederspricht dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Die Benutzung einer Toilette im öffentlichen Raum ist somit immer mit dem Glück verbunden einen Abort zu finden und dazu noch die Benutzungsgebühr bei sich zu tragen.
Nicht nur unter soziokulturellen Aspekten herrscht eine Ungleichheit bei den geschlechterspezifischen Anforderungen von Toiletten. Auch die verschiedenen länderspezifischen Gaststädtenverordnungen beweisen, dass Frauen in der Auswahlmöglichkeit von Toiletten in Bezug auf die Männer benachteiligt sind. So ist es in der Berliner Vorschriften- und Rechtsprechungsdatenbank gesetzlich vorgeschrieben, dass auf 50 bis zu 150 BesucherInnen zwei Damenkabinen und eine Herrenkabine sowie zwei Pissoir Becken kommen müssen. Hierbei werden Frauen mit einer Micktierstelle weniger benachteiligt. Bei 150 bis 300 BersucherInnen sind es vier Damenkabinen und zwei Herrenkabinen mit vier Pissoir Becken, wobei eine Differenz von zwei Micktierstellen bei den Frauen berechnet wird.
- Es gilt die Sitztoilette als öffentliche Toilette zu überdenken.
Positiv ist, dass die meisten Bestandtoiletten in Berlin frei nutzbar sind. Diese Nutzung ist jedoch vor allem für Frauen anstrengend und mit Aufwand verbunden. Denn durch die Beschmutzung der Toilette ist es nicht möglich sich auf den Sitz niederzulassen. Dabei wurden schon die unterschiedlichsten Positionen erfunden, um nicht mit den Fäkalien der VorgängerInnen in Berührung zu kommen. Keine dieser Positionen ist bequem oder lässt die Notdurft in einer angenehmen Art bewältigen. Denn schwer lässt die Blase sich entspannen, wenn Frau sich nach hinten beugt, einen bestimmten Abstand zur Toilette wahren und Balance halten muss. Während dieses gesamten Vorganges muss zusätzlich darauf geachtet werden, dass kein Kleidungsstück den Boden berührt, da dieser extrem verdreckt ist und es keine Kleiderhacken gibt. Also ist der Toilettengang auf solchen öffentlichen Toiletten vor allem für Frauen ein würdeloser Akt. Die Konsequenz: viele Frauen halten zurück, was eigentlich raus sollte, bis sie sich wieder "gesittet" erleichtern können. Das führt immer öfter zu gesundheitlichen Schäden. Blähungen, Verstopfungen und nicht zuletzt Magengeschwüre gehören bei vielen Menschen daher zum Alltag.
Die Sitztoilette, wie wir sie kennen, wurde für den privaten Raum entwickelt, da es hier möglich war eine Toilette sauber zu halten. Die Sitztoilette ist für den öffentlichen Raum nicht geeignet! Dabei sind zweckmäßige Toiletten als notwendiges und grundsätzliches
Menschenrecht anzusehen.
Es gibt zahlreiche Formen von Toiletten, die in asiatischen und arabischen Kulturen fest verankert sind. Stehtoiletten mit großem Loch und Spritzschutz zum Beispiel. Auch Frauenpissoirs, die in Berlin schon im 19. Jahrhundert eingesetzt und aus Kostengründen wieder abgeschafft wurden, können eine gute Lösung darstellen. In Berlin entwickelt vor allem die Missoir© von Lena Olvedi ein Hockurinal für Frauen als Alternative. Eine Kooperation mit EcoToiletten hat bereits begonnen. Jedoch gilt es auch von der Stadt solche Trockenurinale wie die Missoir zu unterstützen. Somit werden nicht nur Pissoirs für Männer gebaut, sondern auch die Frau erlangt eine individuelle Möglichkeit zum Micktieren. Wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, können wir wirklich über Emanzipation im städtischen Raum sprechen.
Wie wir wissen versteckt sich in den Aborten das Narrativ einer Gesellschaft. Von den ersten Latrinen in Rom hin zu den heutigen Toiletten lässt sich die Kultur verbildlichen. So stellt sich die Frage, welches System wir hier in Deutschland haben. Von außen ist man gewillt das Bild eines politisch und gesellschaftlich gleichberechtigten Systems zu zeichnen, das mit dem Blick hinter die Toilettentüren schnell wieder schwindet.
Es wird Zeit, dass den BürgerInnen die Möglichkeit geboten wird
kostenlos und würdevoll eine öffentliche Toilette zu benutzen.

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